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2024
Alexander Sindermann

Willkommen, liebe Leserinnen und Leser! In der Welt der Finanzberatung stehen wir oft vor der Herausforderung, stets das Beste für unsere Kunden zu tun. Doch was bedeutet es wirklich, „das Richtige“ zu tun? Der Weg dorthin beginnt mit fundierten Analysen und der sorgfältigen Auswahl von Finanzanlagen und Versicherungen. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen zeigen, wie Sie als Finanzberater Ihre Entscheidungen auf eine solide Basis stellen und so das Vertrauen Ihrer Kunden gewinnen können. Die Beiträge in Finanzplanung Konkret bieten Ihnen dabei wertvolle Hilfestellungen und Einblicke.

Und jetzt mal Hand auf‘s Herz: Wie oft hatten Sie in der Vergangenheit eine Anlage, eine Versicherung, eine Gesellschaft „eigentlich“ richtig analysiert und wie oft lief es dann doch nicht wie erwartet? Seien es mündelsichere Immobilienfonds – die selbst „Top-Vermögensverwalter“ in ihren Strategien eingebunden hatten, Containerinvestments von ausgezeichneten Emissionshäusern, Lebensversicherungs- fonds, Ökoinvestments, Long-Short-Nobelpreisträger Strategien, Top-Hedgefonds, etc ... und am Ende saßen Sie Ihrem Kunden gegenüber und haben mit diesem zusammen gehofft und gebangt, dass dies und das doch gut gehen möge.Wenn Sie ganz fleißig waren, dann haben Sie auch entgegen der Empfehlung von Wirtschaftspsychologen, den Löwenanteil der Arbeit im Beratungsgespräch gemacht (soll heißen auf Biegen und Brechen den Kunden von der Richtigkeit der Empfehlung überzeugt hatten). Gratulation! Dann werden Sie vermutlich noch Jahre nach der Beratung für diesen Kunden arbeiten und zwar wenn Sie von diesen in Schadenersatz genommen werden – wenn es nicht läuft wie erhofft. Warum?Machen Sie es ihrem „Kunden“ einfach und „überzeugen“ ihn von der Sinnhaftigkeit einer Anlage mit großer „Leidenschaft“, übernehmen Sie schlichtweg für ihren Kunden die Verantwortung. Er wird gerne darauf zurückkommen, wenn es nicht läuft. Im Rahmen von MiFid II wird diese Pflicht der „Verantwortungsübernahme“ in Form der „Geeignetheitsbestätigung“ von Seiten des Beraters auch in das Aufsichtsrecht verankert. Sie werden im Verlauf des Artikels jedoch feststellen, dass das eigentlich gar nicht so neu ist.

Verantwortung und Expertise in der Finanzberatung: Kunden zum Erfolg führen

Machen Sie es besser: Kunden, die in einem Prozess zu ihrer Entscheidung geführt werden und Anlagen im Rahmen der im Vorhinein besprochenen „Erwartungsleitplanken“ tätigen, werden Sie nicht verklagen. Kunden werden mit ihrer Entscheidung besser umgehen können, wenn sie diese selbst getroffen haben. Sie wollen der Experte für die Produkte sein? Sie wissen schon, was gut ist? Was bleibt denn noch von Ihrer Tätigkeit übrig, wenn Sie nicht „Produkte“ analysieren und empfehlen? Sie sind Profi und als solcher haben Sie den Verkaufsprospekt rechtzeitig übergeben, die Anlage auf Plausibilität und ein Protokoll mit allen Verlusthinweisen unterschreiben lassen, und damit sind Sie, wenn es „hart auf hart“ kommt, schon gerüstet.Möglicherweise können Sie das ein oder andere in Ihren Abläufen und Verträgen optimieren und dann wird es sehr gut, und Sie haben in Zukunft nichts mehr zu befürchten. Zugegeben, das Kapitalanlagerecht ist sehr umfangreich und auch komplex – es besteht aus einem Sammelsurium an Gesetzen und ein Großteil ist für Ihre und meine berufliche Praxis nicht relevant. In diesem Artikel möchte ich Sie für das Thema sensibilisieren und auch dazu animieren, Ihre Prozesse und Abläufe und vielleicht auch Ihre Vertragsdokumente auf diese wichtigen Punkte hin zu prüfen und zu optimieren. Ziel ist es, in diesem Artikel sehr relevante Grundlagen und Zusammenhänge im Bereich Anlageberatung/Anlagevermittlung aufzuzeigen (im Rahmen der Zulassungen nach §34f und 34h GewO).

Die rechtlichen Grundlagen in der Anlagevermittlung/Beratung sind, wie Sie vermutlich wissen:

1. Aufsichtsrecht (KWG i.V.m FinVermV, VermAnlG u. KAGB)

2. Zivilrecht (BGB i.V.m Ausstrahlwirkung ausge- wählter Aufsichtsrechtlicher Gesetz)

3. Rechtsprechung (BGH/Richterrecht)

Für die Haftung in der Anlageberatung ist grundsätzlich die zivilrechtliche Regelung i.V.m. der ständigen Rechtsprechung entscheidend (deshalb sollte auch das Telegramm von Finanzplanung Konkret für Sie interessant sein). Das Aufsichtsrecht hat in erster Linie die Aufgabe, die Marktfunktion sicherzustellen – öffentliches Interesse soll geschützt werden. Verstöße führen zu Ordnungswidrigkeiten/Bußgeld oder Tätigkeitsverbot – in besonderen Fällen auch zu Straftaten! Ein Verstoß gegen das Aufsichtsrecht führt nicht zwangsweise zu einer zivilrechtlichen Haftung gegenüber dem Kunden.Wie kann „Anlegerschutz“ in einer Marktwirtschaft verstanden werden? Zins und Gewinn werden als Unternehmerlohn für die Übernahme von Risiko betrachtet. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich ein Risiko auch realisieren kann, und Anleger haben das Recht, eigene Entscheidungen zu treffen und damit verbunden auch die Folgen daraus zu tragen (positiv wie negativ). In diesem Punkt ist die grundsätzliche Rechtsauffassung auf der Seite der Berater!Jedoch wissen wir auch, dass Kapitalmärkte nicht vollkommen sind. Anlegern fehlen i.d.R. Informationen sowie Fachwissen und Erfahrung, um Risiken und Bedeutung voll umfänglich beurteilen zu können. Von welchem Anlegerleitbild soll ausgegangen werden?

Verhaltenswissenschaft und Verbraucherstudien: Wichtige Erkenntnisse für Finanzberater

Vollständig rational handelnde Anleger sind eher ein unrealistisches theoretisches Konzept.

—› Empirisch gesichert: Mensch als Anleger ist reizgesteuert.

—› Neigt dazu, seine Kenntnisse und Fähigkeiten zu überschätzen.

—› Unterliegt einer Kontrollillusion. —› Folgt dem Trend der Masse (Herding).

—› Sucht Informationen, die die eigene Meinung bestätigen.

—› An verlustreichen Anlagen wird zu lange festgehalten, und Gewinne werden zu früh realisiert.

Was soll Aufgabe des Rechts sein? Soll dieser „Homo Inferior“ bevormundet werden? Wie weit darf die „Freiheit“ des Einzelnen eingeschränkt werden? In der Rechtsliteratur wird Folgendes hierzu geschrieben: „Aufgabe des Kapitalmarktrechtes und des Zivilrechts darf es nicht sein, dass die Marktteilnehmer als grundsätzlich „unmündig“ ihrer weitgehenden Entscheidungsfreiheit beraubt werden oder das wirtschaftliche Risiko einseitig auf die Dienstleister verlagert wird!“

Damit können wir mal festhalten: Als Finanzdienstleister und Anlageberater müssen Sie nicht jede „Suppe“ auslöffeln, die Ihrem Kunden nicht schmeckt.

In dem sog. „Bonds-Urteil“ des BGH aus dem Jahr 1993 wurde ein grundlegendes Prinzip begründet, welches bis heute (zumindest für Anlageberater) gilt: Die „anleger- und objektgerechte Beratung“. Daraus ergeben sich für den Berater umfangreiche Informations- und Schutzpflichten. In der Vergangenheit wurde oft im freien Finanzvertrieb darauf abgestellt, dass man ja lediglich als „Vermittler“ tätig sei. Oft wurde die Rechtslogik auf Rechtsprechung „Banken“ und Rechtsprechung „freier Vertrieb“ verkürzt. Eigentlich gilt seit diesem Urteil aus dem Jahr 1993 und mit fortlaufender Rechtsprechung die Unterscheidung ... tätig als „Anlageberater“ oder als „Anlagevermittler“ ... und daraus folgen die Vertragsarten „Anlageberatungsvertrag“ und beim Anlagevermittler „Auskunftsvertrag“.

Abgrenzung von Anlageberatung und Anlagevermittlung: Was Berater wissen müssen

Der Begriff der Anlageberatung entstammt aus dem KWG §1 Abs. 1a, Satz 2 Nr. 1a, und hier sind folgende Tätigkeiten für die Abgrenzung Anlageberatung/Anlagevermittlung von zentraler Bedeutung:

- „die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an den Kunden“„...

- sofern Empfehlungen auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt werden...“

Sehr ähnliche Formulierungen finden sich dann auch noch unter §16 FinVermV. Damit ist klar, dass all diejenigen Beratungsorganisationen, die unter dem Begriff „Finanzoptimierung“ oder „Vermögensbilanz“ oder „Finanzanalyse“, „Individuelle“ oder „Persönliche Finanzberatung“ unterwegs sind, streng genommen schon immer unter den strengeren Status der „Anlageberatung“ fallen.Dr. Hervé Edelmann (RA) schreibt hierzu im Handbuch des Kapitalanlagerechts (Auflage 2015): „Demgemäß zieht der Kapitalanleger bei der Anlageberatung einen unabhängigen individuellen Berater nur deswegen hinzu, weil er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und erst recht keinen genügenden Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse hat.“

Genau, das wollen wir doch unseren Kunden anbieten: kompetenten und fachmännischen Rat. Deswegen lesen Sie und ich regelmäßig Finanzplanung Konkret, damit wir das sicherstellen können. Im Ergebnis wird ein Anlageberatungsvertrag (meist stillschweigend) zwischen Anlageberater und Kunden geschlossen. Aus diesen unterschiedlichen Vertragsarten ergeben sich die jeweiligen Rechte und Pflichten.In der folgenden Tabelle werden die Unterschiede zwischen Anlageberatung und Anlagevermittlung verdeutlicht:

Die Regelungen des FinVermV geben schon sehr konkrete Pflichten vor. Diese decken sich zum Teil mit Pflichten aus den Anlageberatungs- bzw. Auskunftsverträgen. So geht aus §13 „Information des Anlegers über Risiken, Kosten, Nebenkosten und Interessenkonflikte“ deutlich hervor, was konkret dem Anleger vor Geschäftsabschluss an Informationen erteilt werden muss.

In §16 „Einholung von Informationen über den Anleger; Pflicht zur Empfehlung geeigneter Finanzanlagen“ wird nochmals deutlich dargelegt, dass die „anlegergerechte Beratung“ zu leisten ist und dass die Anlage für den Anleger geeignet sein muss – wörtlich:

„Der Gewerbetreibende darf dem Anleger nur solche Finanzanlagen empfehlen, die nach Satz 1 eingeholten Informationen für ihn geeignet sind. Sofern der Gewerbetreibende die erforderlichen Informationen nicht erlangt, darf er dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.“

Ich weiß nicht, wie Sie das bewerten, für mich ist das im Prinzip bereits die Basis für die „Geeignetheitserklärung“, die im Rahmen von MiFiD II gefordert wird. Wenn Sie einen klaren, strukturierten Prozess in Ihrer Beratung und Produktauswahl haben, so ist es nur noch Formsache, diesen Abgleich der empfohlenen Anlage und der Anlegeranforderung schriftlich zu fixieren.

Grundsätzlich muss festgehalten werden – auch wenn die FinVermV von aufsichtsrechtlicher Bedeutung ist –, dass es einige Regelungen gibt, die eine Ausstrahlwirkung auf das Zivilrecht haben, mit der Folge, dass Kunden darauf einen möglichen Schadenersatz begründen können.An dieser Stelle ein Tipp aus der Praxis für die Praxis: „Weniger ist mehr“.

Aus organisatorischer Sicht sind Sie gut beraten, den Umfang an Anbietern, an Anlageformen, an Verwahrstellen zu reduzieren. Auch scheint ein Gebot der Stunde, Komplexität in Anlagestrategien (vor allem, wenn Sie keine verlässliche Datenbasis haben: Wie wollen Sie sonst eine mögliche Geeignetheit belegen?) zu reduzieren. Bei einigen Anlageformen sehe ich schlichtweg überhaupt keine Möglichkeit (mit verhältnismäßigem Aufwand) die Ex-Post-Kostenmitteilung von „Produkten“ bei einer laufenden Betreuung von Kunden zu ermitteln und zu berichten (es ist zwar Stand 09/2018 noch nicht klar, was konkret für §34f u. §34h GewO an zusätzlichen Pflichten kommen wird, jedoch sieht MiFiD II genau diese Informationspflicht vor).

Sie sehen an dieser Stelle: Die rechtliche Seite hat sehr tiefgreifende Auswirkungen auf das Geschäftsmodell, Abläufe, Angebot von Leistungen und Auswahl und Vermittlung von Produktangeboten. An dieser Stelle möchte ich aber auch den Gesetzgeber loben. Vor der Einführung der FinVermV (2012) herrschte speziell im bankenunabhängigen Markt eine große „Auslegungskultur“, was man ist und was man gerne im Haftungsfall wäre. Das Ergebnis waren sehr viele unklare Rechtsverhältnisse. In Folge dessen waren die Arbeitsprozesse unklar. Manch einer wähnte sich auf der sicheren Seite, wenn er unterschriebene „Protokolle“ hatte. Ein anderer wunderte sich, dass er trotz guter Protokolle doch Schadenersatz leisten musste. Nach wie vor ist die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse (ob nun als Anlageberater oder Anlagevermittler agiert wird) oft unklar.

Meine Empfehlung für Sie:

Schaffen Sie Klarheit, indem Sie entweder als Anlageberater oder Anlagevermittler tätig sind und stimmen Sie die Betriebsabläufe in Ihrer Beratung und Betreuung entsprechend ab. Wenn Sie Anlageberater sind (mit umfassender Vermögenserfassung und Analysen), dann leisten Sie eine „anleger- und objektgerechte Beratung“ und vermitteln nur Produktangebote, die zum einen diese Anforderung erfüllen und zum anderen auch organisatorisch zu „managen“ sind.

Wenn Sie „Anlagevermittlung“ anbieten und damit auch deutlich mehr „Verkäufer“ sind, dann stellen Sie das klar. Sie treffen dann weniger Pflichten im „Streitfall“ und damit sind Sie sauber aufgestellt. Stellen Sie auch klar, dass Sie u. U. keine laufende Betreuung anbieten und lediglich administrative Vorgänge, die direkt den Vertrag betreffen (wie Adressänderungen, Bankänderungen etc.), leisten und dafür dann ggf. eine laufende Vergütung vom Anbieter über X Euro erhalten. Sinnvollerweise halten Sie das schriftlich in einem Anlageberatungs- oder Auskunfts- und Vermittlungsvertrag fest. In diesen Verträgen können Sie zudem weitere Punkte wie die Offenlegung von Interessenkonflikten, Leistungen, Produktarten, die Sie offerieren, Umfang der Betreuungsdienstleistung, Vergütung etc. festhalten. Speziell die Berater, die sog. „Service Gebühren“ auf Depotbetreuungen vereinnahmen, sollten einen Anlageberatungsvertrag mit ihren Kunden vereinbaren – auch schon nur aus dem Grund, um sich klar gegenüber der KWG-pflichtigen Tätigkeit als „Vermögensverwalter“ oder „Abschlussvermittler“ abzugrenzen. Wenn Sie diese Punkte sauber umsetzen, dann können Sie gem. dem Zitat von Goethe frei „drauf los schaffe“, wie wir in Schwaben sagen, und müssen sich nicht weiter darum kümmern, ob das Rechte geschehe im Sinne von „hoffentlich klappt das auch mit dieser oder jenen Anlage“.

„Dem tätigen Menschen kommt es drauf an, dass er das Rechte tue; ob das Rechte geschehe, soll ihn nicht kümmern.“ Johann Wolfgang v. Goethe

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